Der 10. Mai

Schweiz 195786 MinutenRegie: Franz SchnyderDarsteller: Heinz Reincke, Therese Giehse, Hermann Wlach, Emil Hegetschwiler, Heinrich Gretler, Max Haufler, Gustav Knuth, Walter Roderer, Alfred Rasser, Max Werner Lenz, Paulette Dubost, Yvette Perrin Fred Tanner Hans Gaugler Freigegeben ohne Altersbeschränkung

Gedreht in der Zeit des Kalten Krieges und des Wirtschaftswunders und sozusagen parallel zum Ungarn-Aufstand hat mich diese dezidiert kritische und eigenständige Arbeit Schnyders beeindruckt, weil sie in der Schweizer Filmlandschaft der 50er-Jahre ein Einzelfall ist. Der Film spielt am Tag der Mobilmachung des 10. Mai 1940 und in der darauffolgenden Nacht. In dem Irrlauf des politischen Flüchtlings, der am frühen Morgen von Deutschland her den Rhein durchquert und schliesslich nach Zürich gelangt, wo eine Bekannte aus Jugendzeiten ihm helfen will, spiegelt sich ein Kaleidoskop von Geschichten und Situationen, das die Stimmungslage der Nation anschaulich macht. Für mich schafft der Film eine äusserst dichte Atmosphäre und zwar filmisch – in seiner kontrastreichen Schwarz-Weiss-Ästhetik zwischen neorealistischer und film-noir-Anmutung – wie politisch: Panische Massenflucht per Zug oder Auto, Aufruhr und militärische Präsenz in den Strassen bilden das historische Dekor für die individuellen Haltungen von Hilfsbereitschaft, Pazifismus, aber auch Feigheit, Egoismus, Misstrauen, latentem Denunziantentum und für die Angst des jüdischen Ehepaars Herz, abgeholt zu werden.

Obwohl mit einem Ensemble beachtlicher SchauspielerInnen gedreht und von der Kritik im In- und Ausland gewürdigt, kam der Film beim Publikum nicht an, was viel über die 50er-Jahre aussagt.

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